am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen

Deutschlandfunk stellt am 25. August die beiden Journalisten und Autoren der ′Chronik des Gettos Lodz/Litzmannstadt′ Oskar Singer und Oskar Rosenfeld vor

25.08.2020

Prof. Dr. Sascha Feuchert hat sich diesen bereits 2004 in seiner Dissertation gewidmet

Der Schriftsteller, Journalist und Jurist Dr. Oskar Singer gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg in Prag zu den führenden Persönlichkeiten des jüdischen Lebens. Er war engagierter Zionist und trat auch künstlerisch als entschiedener Nazi-Gegner auf: Sein 1935 uraufgeführtes Drama „Herren der Welt. Zeitstück in drei Akten“ ist ein eindrucksvolles Zeugnis dieses Widerstands. Darin nimmt Singer bereits viele Grausamkeiten vorweg, die der Nationalsozialismus noch mit sich bringen sollte. Im Oktober 1941 wurde Singer zusammen mit seiner Familie in das Getto Lodz/Litzmannstadt deportiert. Dort gelang es ihm, eine Anstellung im „Archiv des Judenältesten“ zu finden, wo er schließlich Leiter der Chronik-Redaktion wurde. Er schrieb außerdem Texte, die nicht Teil seiner offiziellen Arbeit an der Chronik waren. 2002 erschienen seine bemerkenswerten Reportagen und Essays „Im Eilschritt durch den Gettotag“ sowohl auf Deutsch als auch auf Polnisch. Im August 1944 wurde Oskar Singer zusammen mit seiner Familie nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Es gelang ihm, das Lager und einen Todesmarsch zu überleben. Er starb im Dachauer Außenlager Kaufering vermutlich im Dezember 1944.

Oskar Rosenfeld war ebenfalls ein geachteter Journalist, Romancier und Literaturkritiker. Bereits während seines Studiums der Kunstgeschichte und Philologie in Wien (1902-1908) machte er die Bekanntschaft Theodor Herzls, der ihn tief prägte und für die Mitarbeit an zwei zionistischen Zeitschriften gewinnen konnte. 1909 gründete er das erste jüdische Theater in Wien, die „Jüdische Bühne“, mit. Das Hauptziel dieses Ensembles war, anspruchsvolle jüdische Stücke auf Deutsch zu inszenieren. Hier wirkte Rosenfeld sowohl als Regisseur und Dramaturg als auch als Schauspieler mit. Etwa zwischen 1917 und 1937 übersetzte Rosenfeld zudem Werke anderer jüdischer Autoren aus dem Jiddischen, Französischen und Amerikanischen. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich musste Rosenfeld mit seiner Frau nach Prag emigrieren, wo er weiterhin journalistisch tätig war. Hier machte er wahrscheinlich schon Bekanntschaft mit Oskar Singer. Im November 1941 wurde Rosenfeld in einem der Prager Transporte in das Getto Lodz/Litzmannstadt deportiert – seine Frau konnte noch rechtzeitig nach London entkommen. Er fand ebenfalls Anstellung im „Archiv des Judenältesten“ und wirkte als Redakteur an der Chronik mit. Auch an dem zweiten großen Projekt des Archivs, der „Getto-Enzyklopädie“, die aktuell an der Arbeitsstelle ediert wird und in Kürze erscheinen wird, war Rosenfeld maßgeblich beteiligt. Neben dieser offiziellen Tätigkeit entstand im Verborgenen auch sein Tagebuch, das unter dem Titel „Wozu noch Welt. Aufzeichnungen aus dem Getto Lodz“ von Hanno Loewy herausgegeben wurde. Oskar Rosenfeld wurde im August 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort umgebracht.

Die Reihe „Vergessene Journalistinnen und Journalisten der Weimarer Zeit“ im Deutschlandfunk widmet sich voraussichtlich am 25. August 2020 um 15:35 Uhr den beiden Journalisten und Autoren. Auch Prof. Dr. Sascha Feuchert kommt im Beitrag zu Wort.  

Weitere Informationen zu Oskar Singer und Oskar Rosenfeld finden Sie hier sowie zur Getto-Chronik hier


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