Der am 13. Mai 1884 in Koryčany (Tschechien) geborene Oskar Rosenfeld war Zeit seines Lebens ein geachteter Journalist, Romancier und Literaturkritiker. Bereits während seines Studiums der Kunstgeschichte und Philologie in Wien (1902-1908) machte er die Bekanntschaft Theodor Herzls, der ihn tief prägte und für die Mitarbeit an zwei zionistischen Zeitschriften gewinnen konnte. Rosenfeld setzte sich bereits in dieser Frühzeit seines Schaffens für die jüdfoische Kultur ein, besonders trieb ihn die Frage nach dem Wesen einer eigenständigen jüdischen Literatur um. 1909 gründete er zusammen mit Adolf Stand, Egon Brecher, Hugo Zuckermann und Leo Goldhammer das erste jüdische Theater in Wien, die „Jüdische Bühne“. Das Hauptziel dieses Ensembles war, anspruchsvolle jüdische Stücke auf Deutsch zu inszenieren. Hier wirkte Rosenfeld sowohl als Regisseur und Dramaturg als auch als Schauspieler mit. Etwa zwischen 1917 und 1937 übersetzte Rosenfeld zudem Werke anderer jüdischer Autoren aus dem Jiddischen, Französischen und Amerikanischen. In den 20er und 30er Jahren hielt er mehrere Vorträge in den zionistischen Verbänden in Wien.
Zwischen 1904 und 1938 schrieb Rosenfeld für die folgenden Zeitungen und Zeitschriften und publizierte dort neben journalistischen Texten auch eigene kurze literarische Werke: „Die Welt“ (1904-1906, 1910-1911), „Unsere Hoffnung. Zeitschrift für die reifere jüdische Jugend“ (1905-1909), „Der Merker. Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater“ (1911, 1913), „Pester Lloyd“ (1918), „Frankfurter Zeitung“ (1918), „Esra“ (1919), „Menorah“ (1923), „Wiener Morgenzeitung“ (1923-1927) und „Die Neue Welt“ (1928-1938). Etwa 800 Artikel, Essays oder Feuilletons Rosenfelds aus den oben genannten Medien wurden im Rahmen des Dissertationsprojektes von Sascha Feuchert und im Laufe des Projektes „Schreiben im Holocaust“ an der Universität Heidelberg ermittelt.
Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich musste Rosenfeld mit seiner Frau nach Prag emigrieren, wo er weiterhin journalistisch tätig war. Wahrscheinlich hier machte er schon die Bekanntschaft des zweiten späteren Chronisten, Oskar Singer.
Oskar Rosenfeld war aber auch ein erfolgreicher Schriftsteller, so veröffentlichte er die Novelle „Mendl Ruhig“, die Novellensammlung „Tage und Nächte“ und den Roman „Die vierte Galerie. Ein Wiener Roman“, der überaus positiv von Max Brod rezensiert wurde. Ein immer wiederkehrendes Motiv in diesen Werken ist die Frage nach der jüdische Identität. Doch sind die Werke auch im Fin de Siècle verwurzelt und setzen sich mit den typischen Themen der Wiener Moderne auseinander.
Im November 1941 wurde Rosenfeld in einem der Prager Transporte in das Getto Lodz/Litzmannstadt deportiert - seine Frau konnte noch rechtzeitig nach London entkommen. Am 4. Juni 1942 gelang es ihm, im "Archiv des Judenältesten" eine Anstellung zu finden und als Redakteur an der Chronik mitzuwirken. Auch an dem zweiten großen Projekt des Archivs, der "Getto-Enzyklopädie" war Rosenfeld maßgeblich beteiligt.
Neben dieser offiziellen Tätigkeit entstand im Verborgenen auch sein Tagebuch, das unter dem Titel "Wozu noch Welt. Aufzeichnungen aus dem Getto Lodz" von Hanno Loewy herausgegeben wurde.
Oskar Rosenfeld wurde im August 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort umgebracht.
Primärliteratur:
- "Mendl Ruhig", Heidelberg: Saturn Verlag Hermann Meister, 1914.
- "Tage und Nächte", Leipzig: Ilf-Verlag, 1920.
- "Die vierte Galerie. Ein Wiener Roman", Wien: Heller, 1910.
- "Wozu noch Welt. Aufzeichnungen aus dem Getto Lodz", hrsg. von Hanno Loewy, Frankfurt am Main: Verlag Neue Kritik, 1994.
Sekundärliteratur:
- "Die Chronik des Gettos Lodz/Litzmannstadt", 5. Bde, hrsg. von Sascha Feuchert, Erwin Leibfried und Jörg Riecke, Göttingen: Wallstein, 2007.
- Feuchert, Sascha: "Oskar Rosenfeld und Oskar Singer. Zwei Autoren des Lodzer Gettos. Studien zur Holocaustliteratur", Frankfurt am Main: Peter Lang, 2004 (=Gießener Arbeiten zur Neueren Deutschen Literatur und Literaturwissenschaft, 24).
- "Kronika Getta Lodzkiego/Litzmannstadt Getto 1941-1944". Opracowanie i redakcja naukowa Julian Baranowski, Krystyna Radziszewska, Jacek Walicki, Ewa Wiatr, Piotr Zawilski u.a. 5 Bände. Łódź: Archivum Panstwowe w Lodzi/Wydawnictwo Uniwersytetu Lodzkiego, 2009.