Heute vor 115 Jahren wurde Ernst-Ludwig Chambré geboren, auf den die gleichnamige Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung zu Lich zurückgeht. Wir nehmen dies zum Anlass, um an ihn zu erinnern und seiner zu gedenken. Denn ohne seine Initiative und die von ihm 1997 ins Leben gerufene Stiftung, die die AHL seither maßgeblich und nachhaltig unterstützt, wäre unsere Arbeit in ihrer heutigen Form nicht möglich.
Am 4. November 1909 kam Ernst-Ludwig Chambré in Lich zur Welt. Seine sephardische Familie war dort seit dem 18. Jahrhundert ansässig und betrieb ein Manufakturwarengeschäft und eine kleine Privatbank. Er besuchte die Volksschule in Lich und studierte nach dem Abitur 1929 Jura in Gießen, Frankfurt und Berlin.
Im März 1933 fand in Lich ein Pogrom statt, bei dem Licher SA-Männer die dort lebenden jüdischen Familien überfielen und einige Familienväter folterten. Ernsts Vater, Max Chambré, wurden beide Kniescheiben zertrümmert, er konnte nie wieder ohne Hilfe gehen. Ernst-Ludwig Chambré entkam dem Pogrom nur, weil er sich an diesem Tag nicht in Lich aufhielt. Er floh zunächst nach Belgien, dann nach Frankreich, von dort nach Spanien und schließlich nach Palästina. 1947 gelang ihm mit seiner Frau die Emigration in die USA. Ernst-Ludwig Chambré überlebte als einziger seiner Familie den Holocaust; seine Eltern, seine zwei Schwestern und zwei Nichten wurden in Auschwitz ermordet. Zeitlebens bemühte er sich vergeblich um Wiedergutmachungsleistungen für das enteignete Familienvermögen.
1987 recherchierten Schüler:innen der Licher Gesamtschule auf Initiative ihres Lehrers Dr. Klaus Konrad-Leder die Zeit des Nationalsozialismus in ihrer Stadt. Es gelang ihnen, Kontakt zu Ernst-Ludwig Chambré aufzunehmen, der sich in den folgenden Jahren festigte. 1997, wenige Monate nach seinem Tod am 20. Juni 1996, wurde die Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung gegründet, deren Zielsetzungen noch zu seinen Lebzeiten mit ihm festgelegt worden waren und die er großzügig finanziell ausgestattet hat. Die Stiftung setzt sich seither für das Gedenken an das hessische Judentum ein und unterstützt die Erforschung von Antisemitismus und Rassismus. Zu diesem Zweck fördert sie nicht nur Veranstaltungen, Exkursionen, Projekte und Publikationen der AHL, sondern unterstützt auch die Finanzierung der Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftungsprofessur für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Holocaust- und Lagerliteratur sowie ihre Didaktik am Institut für Germanistik der JLU Gießen, die Prof. Dr. Sascha Feuchert seit 2017 innehat.
Eine ausführliche Biografie von Ernst-Ludwig Chambré finden Sie hier auf unserer Homepage, ebenso wie weitere Informationen zur Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung, die sie hier aufrufen können.