am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen

′Geschrieben mit schwarzen Tränen′ - Die Arbeitsstelle Holocaustliteratur feierte ihr 25-jähriges Bestehen an der JLU Gießen

02.10.2023

29. September 2023

Am vergangenen Freitag beging die Arbeitsstelle Holocaustliteratur ihr 25-jähriges Jubiläum mit einer großen öffentlichen Veranstaltung. Etwa 450 Personen hatten sich in der ausverkauften Gießener Kongresshalle eingefunden, um die Arbeit der AHL zu würdigen.

„In der Form liegt Trost.“ – Mit diesen Worten der Schriftstellerin Barbara Honigmann eröffnete Prof. Dr. Sascha Feuchert den feierlichen Abend. Sie sind als „heimliches Motto“ der Arbeitsstelle zu verstehen, die sich seit ihrer Gründung im Wintersemester 1998/1999 der Aufgabe verschrieben hat, den Texten von Opfern und Überlebenden des Holocaust mit „wissenschaftlicher Ernsthaftigkeit“ zu begegnen, sie zu bewahren und weiterzugeben. Diese Texte trugen mitunter dazu bei, „dem äußeren Chaos“ in den Gettos, Lagern und Verstecken eine Struktur entgegenzusetzen und halfen den Überlebenden auch nach dem Krieg bei der Bewältigung des Traumas.

Dass dieses zentrale Anliegen der AHL in einer Zeit, in der die persönlichen Begegnungen mit Zeitzeug:innen immer seltener werden und rechtspopulistische Strömungen starken Zulauf erfahren, an besonderer Bedeutung gewinne, betonte Prof. Dr. Katharina Lorenz (Vizepräsidentin der JLU) in ihrer Ansprache. Sie würdigte den Beitrag, den die AHL als interdisziplinäre Einrichtung seit mehr als zwei Jahrzehnten auf diesem Gebiet nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der universitären Lehre und im Dialog mit Schulen leistet. Prof. Dr. Joachim Jacob (stellvertretender geschäftsführender Direktor des Instituts für Germanistik) hob hervor, dass die Arbeitsstelle – nicht zuletzt durch ihren bundesweit einzigartigen Masterstudiengang – „inzwischen ganze Generationen von Multiplikator:innen ausgebildet“ habe. Insbesondere sei es „der Hartnäckigkeit, der Begeisterungsfähigkeit und der tiefsten Überzeugtheit ihrer Gründer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und der Notwendigkeit ihres Tuns zu verdanken“, dass die AHL „nicht mehr aus dem Leben der Universität Gießen und des Instituts für Germanistik fortzudenken ist.“ Prof. Dr. Hans-Jürgen Bömelburg (Vorsitzender des Fördervereins der Arbeitsstelle) fügte hinzu, dass sich die Arbeitsstelle trotz der prekären Mittel- und Personalsituation im Laufe der Jahre deutschlandweit wie international ein „erhebliches Renommee“ habe erarbeiten können – auch und vor allem, weil sie stets auf „sehr viel bürgerschaftliches Engagement“ zurückgreifen konnte.

Im Mittelpunkt der zweiten Hälfte der zweistündigen Veranstaltung standen die symbolische Übergabe des „Katzenelson-Turms“ durch den Künstler Klaus Steinke an die AHL sowie die Darbietung der deutschen Übersetzung des einzigartigen jiddischen Poems „Dos lied vunem ojsgehargetn jidischn volk“ des polnisch-jüdischen Dichters Jizchak Katzenelson durch den Liedermacher Wolf Biermann. Die beiden künstlerischen Bearbeitungen desselben Stoffes gehen dabei auf den Impuls des Historikers und Holocaust-Überlebenden Arno Lustiger zurück, der nicht nur Wolf Biermann zu seiner Übertragung des Gedichts anregte, sondern auch Klaus Steinke zu seiner bildnerischen Umsetzung inspirierte, wie Steinke in seiner Rede erläuterte. Lustigers Motivation war es, so Biermann, den jüdischen Widerstand in der Erinnerung an den Holocaust scharfzustellen, der in dem Poem zwar eindrucksvoll am Beispiel des Warschauer Gettos verhandelt wird, aber bis heute nur wenig Beachtung findet. Wolf Biermann bot anschließend zwei der insgesamt 15 Gesänge des Gedichts in ihrer deutschen Übersetzung dar und spielte einige seiner eigenen Lieder. Die Zuschauer:innen honorierten seine beeindruckende Darbietung mit Standing Ovations.

Wir möchten uns herzlich bei dem Literarischen Zentrum Gießen, der Universitätsbibliothek Gießen, dem Kulturamt Gießen sowie der Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung zu Lich und dem Präsidialbüro (Kultur- und Veranstaltungsmanagement) der JLU Gießen für ihre großzügige Unterstützung bedanken! Unser aufrichtiger Dank gilt auch allen anderen Mitwirkenden und Gästen, die diesen Abend zu einem unvergesslichen gemacht haben!


Über die Jubiläumsfeier wurde auch in den Printmedien berichtet. Sowohl der Gießener Anzeiger als auch die Gießener Allgemeine haben die Veranstaltung in Artikeln besprochen. Zum vollständigen Beitrag der Gießener Allgemeine von Marion Schwarzmann mit dem Titel „Vehemente Worte rütteln wach“ gelangen Sie hier. Die Besprechung von Björn Gauges im Gießener Anzeiger finden Sie unter dem Titel „Ein Meister verschiedenster Tonlagen“ hier.


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Arbeitsstelle Holocaustliteratur
Otto-Behaghel-Str. 10 B / 1 · D-35394 Gießen · Deutschland
arbeitsstelle.holocaustliteratur@germanistik.uni-giessen.de
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