am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen

Edition ′Von der letzten Zerstörung. Die Zeitschrift ′Fun letstn churbn′ der Jüdischen Historischen Kommission in München 1946-1948′ im Metropol Verlag erschienen

11.12.2020

Dezember 2020

Im Dezember 2020 ist die Edition "Von der letzten Zerstörung. Die Zeitschrift 'Fun letstn churbn' der Jüdischen Historischen Kommission in München 1946–1948" im Metropol Verlag erschienen. Die Publikation ist ein Editionsprojekt der Arbeitsstelle Holocaustliteratur. Herausgegeben wurde der Band von Markus Roth und Frank Beer. Die Übersetzung aus dem Jiddischen übernahmen Susan Hiep, Sophie Lichtenstein und Daniel Wartenberg.
 
Hunderttausende ehemalige Verfolgte des NS-Regimes aus aller Herren Länder lebten nach Kriegsende als 'Displaced Persons' auf gepackten Koffern in Deutschland. Israel Kaplan und Moyshe Feygenboym, selbst Überlebende des Holocaust, ergriffen die einmalige Gelegenheit: In der Zeitschrift "Von der letzten Zerstörung" publizierten sie von 1946 bis 1948 zahlreiche ihrer Zeugnisse. Zusammen mit etlichen Mitstreitern trugen sie Gettolieder zusammen, dokumentierten Witze und gettosprachliche Ausdrücke. Sie schufen so ein Forum für eine Alltags- und Kulturgeschichte der Shoah und würdigten jüdischen Widerstand Jahrzehnte bevor sich die nichtjüdische Holocaustforschung zaghaft dieser Themen annahm.
Ihnen ging es vor allem um eine Alltags- und Kulturgeschichte des Holocaust, in der die Verfolgten nicht als Nummern in Statistiken und die Gemeinden nicht als Orte in Auflistungen verschwinden, sondern als Menschen mit Gesichtern und Geschichten sowie als lebendige Gemeinden und Sozialwesen sichtbar sind. Daher legten sie besonderen Wert auf solche Dokumente und Berichte, die in Witzen, Gerüchten, Legenden, Anekdoten und anderem mehr diese Seite des Holocaust offenbarten. Überdies dokumentierten sie Alltag, Vernichtung und Widerstand vor allem in den kleineren Gettos und unbekannteren Lagern im deutsch besetzten Osteuropa. So schufen sie ein innovatives Projekt, das seiner Zeit weit voraus war und Themenfelder behandelte sowie Methoden anwandte, die von der (universitären) Forschung erst Jahrzehnte später 'entdeckt' wurden.
 
Die Zeitschrift wurde nicht nur zu einem zentralen Publikationsorgan für Holocaustliteratur in der frühen Nachkriegszeit, sondern regte viele Überlebende überhaupt erst dazu an, von ihren Erfahrungen zu berichten. Konnte die Zentrale Historische Kommission in den ersten zehn Monaten ihres Bestehens noch vor Erscheinen der Zeitschrift insgesamt 300 Berichte sammeln, so wuchs deren Zahl in den sieben Monaten nach Erscheinen der ersten Ausgabe um weitere 700 Zeugnisse. Insgesamt erschienen 10 Nummern in einer Auflage von 5.000 bis 8.000 Exemplaren.
Mit der Erschließung der Zeitschrift in deutscher Übersetzung wurden diese lange vergessenen, beziehungsweise ignorierten Wurzeln der Holocaustforschung im Land der Täter freigelegt und so der Forschung sowie Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
 
Das Projekt wurde von der Friede Springer-Stiftung finanziert und vom Förderverein der Arbeitsstelle Holocaustliteratur unterstützt.
Weitere Informationen zur Edition sowie eine Bestellmöglichkeit finden Sie auf den Seiten des Metropol Verlags hier sowie auf der Homepage der Arbeitsstelle Holocaustliteratur hier.
 
Frank Beer und Markus Roth (Hrsg.):
Von der letzten Zerstörung. Die Zeitschrift "Fun letstn churbn" der Jüdischen Historischen Kommission in München 1946–1948.
Berlin: Metropol Verlag, 2020
1032 S., € 49,- / E-Book € 35,-
ISBN: 978-3-86331

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Arbeitsstelle Holocaustliteratur
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