Zu einem Werkstattgespräch mit Mitarbeitern der Arbeitsstelle Holocaustliteratur und Teilnehmern des Seminars "Schlüsseltexte der Holocaustliteratur" von Hon.- Prof. Dr. Sascha Feuchert war am 2. Juni 2016 der Autor Reinhard Großmann eingeladen. Er las zwei Texte aus seinem 2010 veröffentlichten Buch "Lodzer Texte", das fiktionale Erzählungen über das Getto von Lodz/Litzmannstadt enthält. Herr Großmann, der 1934 in Niederschlesien geboren wurde und nach 1945 in Baden-Württemberg lebte, wo er bis zu seiner Pensionierung als Lehrer an einem Gymnasium im Schwarzwald tätig war, lebt heute bei Freienwill bei Flensburg. Wie seine "Lodzer Texte" hat auch sein Buch "Beerstein und andere Erzählungen vom Holocaust" von 2012 autobiographischen Hintergrund. Großmann hatte einen jüdischen Großvater, von dem er erst nach dem Krieg erfuhr, und bemüht sich seit einigen Jahren, die Geschichte seiner jüdischen Verwandten zu erforschen, von denen viele im Holocaust umkamen, darunter auch sein junger Vetter Manfred, der das Getto Lodz/Litzmannstadt nicht überlebte. Ihm widmet Großmann eigens einige Erzählungen.
Im anschließenden Gespräch wurden unter anderem die Möglichkeiten und Grenzen fiktionaler Literatur über den Holocaust diskutiert. Besonders interessierte die Teilnehmer auch die Frage, wie Herr Großmann als ehemaliger Lehrer die Einsatzmöglichkeiten fiktionaler Holocaustliteratur im Schulunterricht einschätzt. Literatur biete hier aufgrund des emotionalen Zugangs, den sie ermögliche, und aufgrund ihrer empathiebildenden Wirkung gute Möglichkeiten und andere als die Geschichtsschreibung, so die Einschätzung von Großmann. Jedoch sei gerade deshalb besondere Sorgfalt im Umgang mit den historischen Tatsachen nötig.