Anlässlich des 80. Jahrestags des Beginns der Nürnberger Prozesse lädt die Arbeitsstelle Holocaustliteratur gemeinsam mit der Fachjournalistik Geschichte und dem Institut für Zeitgeschichte im Rahmen des Akzentbereichs Holocaust- und Lagerliteratur der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie in Kooperation mit der Lagergemeinschaft Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer e. V. zu einer Buchpräsentation mit anschließendem Autorengespräch ein. Zu Gast ist der Historiker Dr. Jan Kreutz, der seine biografische Studie „Erich von dem Bach-Zelewski. Karrieren der Gewalt zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik“ (Wallstein 2025) vorstellt. Es ist die erste umfassende Monografie zum diesem zentralen Akteur der nationalsozialistischen Gewaltpolitik.
Die Veranstaltung findet am Dienstag, 2. Dezember 2025, um 19 Uhr (s.t.) im Konferenzraum des GCSC der Justus-Liebig-Universität Gießen (Otto-Behaghel-Str. 12, 35394 Gießen) statt. Die Moderation übernimmt Jennifer Ehrhardt (AHL). Der Eintritt ist frei; alle Interessierten sind herzlich willkommen.
Die brutale Niederschlagung des Warschauer Aufstands im August 1944 mit rund 200.000 Opfern war nicht der erste Massenmord, für den Erich von dem Bach-Zelewski verantwortlich war. Als Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Mitte hatte er den Holocaust entlang des Mittelabschnitts der Ostfront koordiniert und als Chef der Bandenkampfverbände die Strategie der Entvölkerung ganzer Landstriche verantwortet, die er im Sommer 1944 auch in Polens Hauptstadt anwandte. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges trat er als Zeuge der Anklage in den Nürnberger Prozessen auf. Erst 1962 wurde er für Mordanschläge gegen Kommunisten in den 1930er-Jahren zu lebenslanger Haft verurteilt; für seine Beteiligung am Holocaust wurde Erich von dem Bach-Zelewski indes nie zur Rechenschaft gezogen.
Auf Grundlage umfangreicher Quellenarbeit zeichnet Jan Kreutz in seiner Dissertationsschrift die Gewaltkarriere Bach-Zelewskis nach. Anhand teils erstmals ausgewerteter Selbstzeugnisse zeigt er, wie dieser die von ihm verübte Gewalt schreibend verarbeitete und sich dabei mehrfach neu erfand. Indem die Studie autobiografisches Schreiben als Teil des Gewaltprozesses begreift, eröffnet sie neue Perspektiven auf die Täterforschung des Holocaust.
Dr. Jan Kreutz wurde an der Universität Hamburg promoviert. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Geschichte und Geschichtsdidaktik der Europa-Universität Flensburg.
Hinweis: Im Gießener Anzeiger ist am 20. November unter dem Titel „NS-Massenmörder als Zeuge der Anklage“ ein ausführlicher Bericht sowie ein Interview mit Dr. Jan Kreutz erschienen. Den Artikel finden Sie hier. Das Interview können Sie hier nachlesen.