Auschwitz scheine immer durch und in den Kunstwerken Steinkes sei das sogar wörtlich zu nehmen, so Feuchert weiter. Steinke, der früher an der Herderschule in Gießen Kunst und Politik unterrichtete, hat zwischen 1990 und 2006 auf das "Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-45", das die polnische Historikerin Danuta Czech zusammengestellt hat, Klassiker der deutschen Literatur von Hand geschrieben. Die Ausstellung zeigt einen kleinen Teil des Gesamtwerks - den Text von Johann Wolfgang von Goethes "Die Leiden des jungen Werther", der auf das "Kalendarium" aufgebracht ist.
Einen besonderen Einblick in den Schaffensprozess Steinkes erhielt das Publikum durch die Tochter des Künstlers, Liliane Steinke, die beschrieb, wie sie ihren Vater über die Jahre im Entstehungsprozess der Kunstwerke begleiten und beobachten konnte und so selbst Zugang zu den Kunstwerken erhalten hat und ihre eigenen Formen der Auseinandersetzung mit dem Holocaust fand. Eine beeindruckende und auditive Interpretation der Kunstwerke bot den zahlreichen Gästen die Lesung von Roman Kurtz und Anne-Elise Minetti vom Stadttheater Gießen. Zunächst abwechselnd, später auch gleichzeitig, lasen sie Passagen aus Goethes "Werther" sowie dem "Kalendarium" und vertonten somit auf eindrucksvolle Weise Steinkes Kunstwerk. Steinke selbst dankte den Zuschauern am Ende für ihr Kommen.
Die Ausstellung, die von der Arbeitsstelle Holocaustliteratur und der Universitätsbibliothek Gießen gemeinsam organisiert wird, ist noch bis zum 29. Juli jeweils von Montag bis Sonntag von 7.30 bis 23.00 Uhr im Ausstellungsraum der UB Gießen (Otto-Behaghel-Straße 8, 35394 Gießen) zu sehen. Am 29. Juli 2018 wird sie mit einer Finissage um 15 Uhr beendet. Dabei wird Klaus Steinke das komplette "Überschreibungen"-Kunstwerk der AHL und der UB Gießen als Schenkung feierlich übergeben. Die Kunstwerke verbleiben dann an der JLU und können so Forschern, Künstlern und Interessierten in Zukunft jederzeit zugänglich gemacht werden.