am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen

Wanderausstellung #StolenMemory der Arolsen Archives am 16. Mai 2023 feierlich an der Justus-Liebig-Universität Gießen (Philosophikum II) eröffnet

19.05.2023

16. Mai 2023

„Das System war nicht darauf ausgelegt, dass es diese Effekten überhaupt gibt“, erklärte Christiane Weber (Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Forschung und Bildung der Arolsen Archives) in ihrer Rede zur Eröffnung der Wanderausstellung #StolenMemory der Arolsen Archives, die am 16. Mai 2023 auf dem Campus der Justus-Liebig-Universität Gießen stattfand. Mit „Effekten“ sind die persönlichen Gegenstände gemeint, die die Häftlinge bei ihrer Ankunft in den Gefängnissen und Konzentrationslagern abgeben mussten. Oft waren es Eheringe, Uhren, Füller oder Brieftaschen mit Fotos. Die persönlichen Habseligkeiten wurden in den KZs in sogenannten „Effektenkammern“ aufbewahrt. Wurden die Häftlinge in andere Lager verlegt, schickte die SS ihnen die Effekten nach; in den Vernichtungslagern aber transportierte sie den entwendeten Besitz der Opfer ab und füllte mit dem Erlös die Kriegskassen. Nur ein Teil dieser Gegenstände konnte nach der Freilassung wieder an die einstigen Besitzer:innen zurückgegeben werden. Bis heute verwahren die Arolsen Archives noch etwa 2.500 Umschläge mit Besitzstücken ehemaliger KZ-Häftlinge, deren rechtmäßige Besitzer noch nicht ermittelt werden konnten. Die Mitarbeiter:innen des Archivs haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, weltweit nach lebenden Angehörigen und Hinterbliebenen zu suchen, um den Familien diese „gestohlenen Erinnerungen“ zu übergeben.

Seit dem Start der Kampagne #StolenMemory im Jahr 2016 konnten über 680 Familien gefunden werden. Möglich wurde dies durch die neuen Online-Suchmöglichkeiten und ein internationales Netzwerk von Freiwilligen. Mit der mobilen und interaktiven Ausstellung #StolenMemory informieren die Arolsen Archives mit QR-Codes und Videoporträts über die Schicksale der einstigen Besitzer:innen und den erfolgreichen Rückgaben an die Familien. Neben Hintergrundinformationen zum historischen Kontext des nationalsozialistischen Lagersystems und zu den Arolsen Archives werden Gegenstände gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten, sowie Möglichkeiten, die Spurensuche zu unterstützen.

Jeanne Flaum (Stellvertretende Geschäftsführung des Zentrums für Lehrerbildung) sprach über die Wichtigkeit dieser Spurensuche und betonte, dass gerade diese Gegenstände, aber auch die Literatur, heute einen Zugang zur Ereignisgeschichte ermöglichen und zeigen, dass Geschichte bis in die Gegenwart fort- und nachwirkt. Dies verdeutliche auch ein Zitat des Holocaust-Überlebenden Noach Flug (1925–2011), das Saskia Warburg (Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kindheits- und Schulpädagogik) in ihrer Ansprache anführte: „Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen.“  

So findet nun der umgestaltete Übersee-Container seinen Weg zu den Besucher:innen. Die Wanderausstellung ist noch bis einschließlich 30. Mai 2023 am Philosophikum II der Justus-Liebig-Universität in der Nähe des Audimax zu sehen und von Montag bis Freitag zwischen 8 Uhr und 19:30 Uhr (Feiertage ausgenommen) für Interessierte geöffnet. Mehr Informationen zum Projekt finden Sie auf den Seiten der Arolsen Archives hier.

Ein Bericht von Albert Mehl über die Veranstaltung ist am 19. Mai 2023 im Gießener Anzeiger erscheinen. Den Artikel finden Sie hier.


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