„Es ist Nacht in Deutschland. Die Nacht vom 9. auf den 10. November. […] Bilanz: Begangen wurden die Ausschreitungen von einer Truppe unter Befehl; begleitet wurden sie von einer Bevölkerungsgruppe, die durch alle sozialen Schichten reicht, aber den meisten Beobachtern in ihrer Masse als ‚Mob‘ erscheint, also von einer Gruppe, die aus asozialen Elementen besteht oder stark von ihnen durchsetzt ist. Die Mehrheit der Bevölkerung verharrt passiv; es ist eine Nichtbeteiligung, die von der Verständnislosigkeit bis zur Ablehnung geht. Offener Widerspruch ist begreiflicherweise selten. Entschiedenheit und Mut sind die Eigenschaften dieser eingeschüchterten und irregeführten Masse nicht.“ (S. 7 sowie S. 96) Konrad Heiden: Eine Nacht im November 1938. Ein zeitgenössischer Bericht
Anlässlich des Gedenktags am 9. November an die Pogromnacht 1938 möchten wir auf den zeitgenössichen Bericht von Konrad Heiden “Eine Nacht im November 1938 - Ein zeitgenössischer Bericht“ hinweisen, der 2013 im Wallstein Verlag erschienen ist. Herausgegeben wurde er von Sascha Feuchert, Markus Roth und Christiane Weber.
Heidens Bericht ist einer der frühesten Versuche einer Darstellung des "Zivilisationsbruchs" der Pogromnacht. Seine Aufzeichnungen begann der Journalist und Publizist Konrad Heiden bereits wenige Wochen nach dem 9. November 1938. Mit Hilfe zahlreicher Berichte von jüdischen Augenzeugen und gestützt auf Zeitungsartikel der NS-Propaganda und der freien Welt schildert er ausführlich und packend die Vorgeschichte und die mörderischen Ereignisse jener Nacht im November 1938. Schon für die Zeitgenossen stellte sie einen entscheidenden Wendepunkt in der Verfolgung der Juden dar. Heute, im Rückblick, gilt sie als eine wichtige Etappe der Radikalisierung, an deren Ende der systematische Massenmord an den europäischen Juden stand.
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