am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen

Jan Eik: Goldmacher. Es geschah in Berlin 1932

Buchcover: Goldmacher. Es geschah in Berlin 1932
Buchcover: Goldmacher. Es geschah in Berlin 1932

In der Kriminalliteratur in Deutschland boomen seit einigen Jahren schon Regionalkrimis und historische Krimis. Keine deutsche Stadt, die auf sich hält, ohne eigene Krimireihe mehr. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich solche Krimis, die beides miteinander verbinden: Historischen Hintergrund und Lokalkolorit. Das Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre ist hier besonders populär, nicht erst seit den Erfolgsromanen von Volker Kutscher oder Philipp Kerr. Einen besonderen Weg hat aber Horst Bosetzky, Altmeister historischer bzw. dokumentarischer Kriminalliteratur, angestoßen: Eine Krimireihe um ein Berliner Kommissarenduo von verschiedenen Autoren geschrieben. Die Handlung des ersten Bandes ist 1910, noch im Kaiserreich angesiedelt, als der junge Polizist Hermann Kappe gerade aus der Provinz nach Berlin kommt. Mit den folgenden Bänden schreitet die Reihe jeweils zwei Jahre voran, der Leser bekommt so nicht nur kontinuierlich spannenden Lesestoff, sondern verfolgt die Entwicklung Kappes vom unerfahrenen Greenhorn zu einem mit allen Wassern gewaschenen Kommissar, der sich oft auf sein Bauchgefühl, immer aber auf seinen leutseligen Kollegen Galgenberg verlassen kann.

Inzwischen ist die Reihe im Jahr 1932 angekommen, weitere Bände für 1934, 1936 und 1938 erscheinen dieser Tage. Die Aushöhlung der Weimarer Republik und der Machtaufstieg der Nationalsozialisten macht sich allerorten bemerkbar, so auch im Apparat der Berliner Kriminalpolizei am Alex. Als eine junge und noch dazu blonde Mitarbeiterin des jüdischen Atomforschers Bernsdorff ermordet aufgefunden wird, setzt Kappes Vorgesetzter Dr. Brettschieß, ein (noch) verdeckter Anhänger der Nazis, diesen unter Druck, Bernsdorff zu verhaften, zumal manches gegen diesen spricht. Dem widersprechende Indizien soll Kappe unbeachtet lassen. Doch Kappe, der auch in früheren Bänden seinem Dickkopf treu geblieben ist, widersetzt sich und folgt seinem Bauchgefühl. Das tut er umso lieber, als er von der Nazikumpanei seines Vorgesetzten erfährt, die ihm als Sozialdemokrat ohnehin zuwider ist. Als Kriminalist mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn aber geht ihm die ideologisch gelenkte Ermittlungsarbeit seines Chefs erst Recht gegen den Strich. Doch die Ermittlungsarbeit, auch innerhalb der Polizei, wird für den Republikanhänger Kappe durch die politische Entwicklung nicht gerade einfacher.

Auch der bislang jüngste Band von Jan Eik fügt sich bruchlos in die Reihe ein, obwohl so viele verschiedene Autoren mitarbeiten. Ihm (wie auch den anderen) gelingt es, einen guten Krimi vor historischem Hintergrund in einem jeweils besonderen Milieu Berlins anzusiedeln, der für sich gelesen sehr gut funktioniert. Als Teil der gesamten Reihe gelesen, gewinnt jeder einzelne Band noch einmal. Man darf auf die folgenden Bände, die nun im NS-Regime spielen, gespannt sein.

Von Markus Roth


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