Aus ungewöhnlicher Perspektive wird mit dem Bericht von Janina Hescheles das bis heute weithin vergessene Lager Lemberg-Janowska in den Blick genommen. Als junges Mädchen erlebte Janina den Einmarsch der Deutschen in Lemberg, das Getto und schließlich die Inhaftierung im Lager Janowska. Dort verfasste sie bereits Gedichte über den Lageralltag, die in geheimen Veranstaltungen im Lager selbst vorgetragen wurde. So auf sie aufmerksam geworden, veranlassten Widerständler mit Kontakten zum polnischen Untergrund ihre Befreiung aus dem Lager, die im August 1943 gelang.
Janina lebte bis zu ihrer Befreiung in der Nähe Krakaus bei Menschen, die sie verstecken. Wenige Wochen nach ihrer Befreiung aus dem Lager schrieb sie innerhalb kürzester Zeit ihren bewegenden Bericht über die Leiden der unmittelbaren Vergangenheit. Micha? Borwicz, selbst Häftling im Lager Janowska und maßgeblicher Initiator von Janinas Befreiung, publizierte als Mitglied der Jüdischen Historischen Kommission in Krakau den Bericht 1946 in gekürzter und bearbeiteter Form im polnischen Original. Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre erschien in der bekannten Anthologie „Im Feuer vergangen“ in der DDR und in der Bundesrepublik eine gekürzte deutsche Übersetzung.
Die Arbeitsstelle Holocaustliteratur gibt nun in Kooperation mit dem Polnischen Institut Düsseldorf eine Neuübersetzung von Janina Hescheles‘ Bericht heraus, der zudem Janinas Gedichte aus dem Lager enthält. Die Übersetzung aus dem Polnischen übernimmt Christina Marie Hauptmeier; ergänzt wird der Bericht durch eine Dokumentation der Textvarianten und ein Nachwort von Markus Roth über den historischen Kontext sowie die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte. Das Buch wird in der gemeinsamen Schriftenreihe der Arbeitsstelle Holocaustliteratur und der Ernst-Ludwig Chambré-Stiftung zu Lich "Studien und Dokumente zur Holocaust- und Lagerliteratur" im Metropol Verlag erscheinen.
Projektverantwortlicher an der Arbeitsstelle Holocaustliteratur:
Markus Roth (markus.roth@germanistik.uni-giessen.de)